06.09.2021

Die Million ist da. Kein Grund zum Ausruhen!

Das Millionenziel für Elektrofahrzeuge ist erreicht. Nachdem dieses ursprünglich für 2020 avisierte Ziel nach hinten verschoben worden war, wurden kürzlich die Ziele für 2030 angehoben und von zunächst 7 bis 10 Million auf bis zu 14 Millionen angepasst. Gleichzeitig steigt der Anteil von SUV und Geländewagen an den Neuzulassungen weiter an. Wie geht’s weiter auf unseren Straßen?

Die Million ist da. Kein Grund zum Ausruhen!

Die Entwicklung der Elektromobilität entwickelt sich derzeit auf einem stabilen Niveau. Nach insgesamt 3% Anteil an Neuzulassungen für Elektrofahrzeuge und Plug-In Hybride (EV & PHEV) in 2019 stieg ihr Anteil im Januar 2020 über 5% mit Einführung der attraktiveren Dienstwagenbesteuerungs-Regelung und erhöhten Kaufprämien. Ab Juli mit Einführung des Konjunkturpakets und erneuter Anhebung der Förderbeträge für die Anschaffung von Elektrofahrzeugen und Plug-In Hybriden auf bis zu 9.000 Euro entwickelte sich der Markt dynamisch bis zu einem Maximum von 26,6% Zulassungsanteil im Dezember 2020. Zusätzlich unterstützt wurden die Maßnahmen von Förderung für Ladeinfrastruktur, unter anderem einem KfW Programm für Privatpersonen, das 900 Euro Zuschuss zu einer Wallbox gewährt und innerhalb kürzester Zeit ausgeschöpft war und nun schon zweimal aufgestockt und verlängert wurde.

Insgesamt betrug der Anteil EV+PHEV an Neuzulassungen 13,5% in 2020. Seit Anfang dieses Jahres sind die Zulassungsquoten leicht steigend und belaufen sich durchschnittlich auf 23% aller Neuwagen bis einschließlich August. In Summe beträgt der Bestand nun 1.010.206 EV+PHEV.*

Nächster Meilenstein bereits in Sicht: Verdopplung in 11 Monaten

Bis einschließlich August wurden in Deutschland 203.040 Elektrofahrzeuge und 218.222 Plug-In Hybridfahrzeuge zugelassen, in Summe 421.262 elektrifizierte PKW. Dabei verzeichnete der August Rekordwerte im sonst zulassungsarmen Sommerferienmonat. Bei anhaltendem Trend wird sich der Bestand vom Jahresanfang bereits im November verdoppelt haben.

Welchen Zeitpunkt man auch immer als Meilenstein der Elektromobilität feiern will, mit dem Erreichen der Million Elektroautos auf deutschen Straßen ist ein guter Zeitpunkt gekommen, um Bilanz zu ziehen und nach vorne zu schauen.

Trendumkehr für das Klima noch nicht erkennbar

Trotz beeindruckender Entwicklung der Elektromobilität ist der Anteil der EV und PHEV am Gesamtbestand der mehr als 48 Millionen PKW in Deutschland mit um die 2% noch verschwindend gering.

Der SUV-Boom hingegen bleibt ungebrochen: nach über 30% Anteil für SUVs und Geländewagen in 2019 und 2020 bei den Neuzulassungen, erreicht das Segment in den ersten Monaten in 2021 sogar >35% Zulassungsanteil. Mittlerweile sind gut 7 Millionen SUV und Geländewagen im Bestand und machen etwa 15% aus. Als einziges Segment mit Wachstum in den vergangenen Jahren bleiben diese noch jungen und schweren Fahrzeuge noch lange im Bestand. Das durchschnittliche Leergewicht aller Neufahrzeuge, Hubraum und Motorleistung sowie Höchstgeschwindigkeit zeigen weiterhin einen Trend nach oben. Das alles sind Merkmale, die die Emissionen negativ beeinflussen. Auch der Gesamt-PKW-Bestand steigt in Deutschland weiter an.

Technologieentscheidung für EV ist gefallen, den Übergang gilt es zu moderieren

Der Zuwachs bei EV+PHEV übersteigt bei weitem den von konventionellen Hybriden und überschreitet deren Zulassungsanteil in diesem Jahr bereits. Damit zeigt sich jetzt auch im Markt, dass es sich bei Hybrid-Antrieben um eine (teure) Übergangstechnologie handelt, die zudem insbesondere für schwere Fahrzeuge nicht ausreichend ist, um die Emissionsgrenzwerte zu erreichen. Besonders verwirrend ist, dass die Fahrzeuge mit 48V Technologie an Bord mittlerweile ebenfalls als Hybrid gezählt werden und dies das Bild verzerrt. Eigentlich müssten sie zu den Verbrennern gezählt werden und nicht zu alternativen Antrieben. (Erläuterungen dazu in diesem Blogartikel)

Wann auch Plug-In Hybride zu Nischen-Produkten werden, ist hingegen noch nicht absehbar. Aspekte der langanhaltenden Diskussion um ihren zweifelhaften Klimaschutzbeitrag wurden in diesem Beitrag erörtert.

Die Elektrifizierung im Individualverkehr ist gesetzt. Wasserstoff bleibt auf absehbare Zeit keine Option für den Individualverkehr, er wird an anderer Stelle dringender benötigt und effizienter genutzt (z.B. in der Stahl-, Chemieindustrie, Schwerlastverkehr). Die Notwendigkeit dem Klimawandel zu begegnen, wird immer dringlicher. Der gesellschaftliche und politische Druck auf den Verkehr steigt. Die Entwicklung in den nächsten drei bis fünf Jahren ist entscheidend. Für Investoren, Entscheider in der Industrie wie Endverbraucher gleichermaßen bleibt vielfach schwer abzusehen, wann sie sich auf welche Veränderungen einstellen müssen. Dies hemmt und führt zum Aufschub von Entscheidungen und Anschaffungen. Die zu Beginn notwendige Anschubförderung liefert wenig Planungssicherheit, solange sie mehr oder weniger ad hoc eingesetzt wird.

Die Ladeinfrastruktur ist und bleibt ein Engpass-Faktor für die Geschwindigkeit des Markthochlaufs in den nächsten 3-5 Jahren. Der Zugang für das bequeme Laden nebenbei zu Hause bleibt von wenigen Ausnahmen abgesehen für Stadtbewohner in Mehrfamilienhäusern und Laternenparker noch auf Jahre problematisch. Die Industrie stellt technologisch Weichen. Ob dadurch für alle Beteiligen die besten Lösungen gefördert werden, bleibt fraglich.

Es wird höchste Zeit, berechenbare und nachhaltige Rahmenbedingungen zu schaffen: Konsequent Zukunftsfähige Entscheidungen fördern und klimaschädlich wirksame Entscheidungen unattraktiv machen. Insbesondere die Allokation von Ressourcen für die richtigen Maßnahmen gegenüber solchen mit nachteiligen Auswirkungen gilt es zu priorisieren. Die normative Kraft des Faktischen zur Wirkung bringen.

Gleichzeitig gilt es für Entscheider, die Einflüsse und Zusammenhänge zu verstehen und Trends zu antizipieren. Eine flexible und vorausschauende Strategie kann helfen, rechtzeitig Angebote zu schaffen und Fehlinvestitionen zu vermeiden. Wollen auch Sie den Wandel mitgestalten und Ihre Aktivitäten auf Mehrwert für Klimaschutz und gesellschaftliche Veränderung bei nachhaltiger Geschäftsentwicklung ausrichten, diskutieren Sie mit mir.

In welchen Themen benötigen Sie mehr Klarheit für Ihre Planung? Schreiben Sie mir unter: energie.schub@claudia-brasse.de oder rufen Sie mich an 02234 97912085.

*Die Zahl wurde ermittelt aus Addition des Bestands per 1.01.2021 zuzüglich der kumulierten Neuzulassungen von Januar bis August ohne Berücksichtigung von Außerbetriebsetzungen. Der schon im Juli verkündete Meilenstein der 1 Million beruht auf den kumulierten Zulassungszahlen der Elektroautos und PHEV seit der Dokumentation des KBA ohne Berücksichtigung von Außerbetriebnahmen, die sich bis Ende 2020 immerhin auf insgesamt knapp 200.000 seit 2010 belaufen.

Bildquelle: BLG

 

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