Warten auf Wasserstoff? Sind Elektrofahrzeuge nur eine vorübergehende Erscheinung?
Warum ist für die individuelle Mobilität bis auf weiteres – und ich behaupte in den nächsten 10 Jahren – Batterie-Elektromobilität die beste Lösung, die es gibt? Zwei Kernpunkte sind die Reife der Produkte und die große Vielfalt. Heute bieten alle namhaften Hersteller Elektrofahrzeuge für alle Bedürfnisse an. Diese Faktoren, die politischen sowie monetären Anreize und der notwendige und fortschreitende Infrastrukturaufbau wurden auch schon im vorherigen Blogartikel „Das Zeitalter der Elektromobilität“ erläutert.
Wasserstoffautos heute
Der Wasserstoffantrieb ist noch nicht an demselben Punkt angekommen. Seit etwa 30 Jahren wird zwar am Wasserstoffantrieb gearbeitet – so präsentierte bereits 1994 Mercedes-Benz den NECAR 1, das erste Brennstoffzellenauto der Welt, und hat bis heute fünf weitere Prototypen vorgestellt. Viele der technischen Hürden wurden bereits überwunden und die Effizienz der Brennstoffzelle enorm gesteigert. Der notwendige, teure Edelmetall-Anteil konnte deutlich reduziert, die Tanks verbessert werden, doch genau wie bei den ersten Elektrofahrzeugen sind die FCEV (Brennstoffzellen-Elektrofahrzeuge/fuel cell electric vehicle) noch extrem teuer. Innovative Technologie und niedrige Stückzahlen sind hierfür die Hauptgründe. Eine Großserienfertigung hat bisher kein Hersteller zeitnah geplant.
Gerade in Deutschland war man lange bei der Technologieentwicklung vorne dabei. Dennoch waren es asiatische Hersteller, die als erste ein Serienfahrzeug auf den Markt gebracht haben. Hierzulande sind der Hyundai Nexo und der Toyota Mirai erhältlich, seit Kurzem jeweils bereits in der zweiten Serienversion. Die Zulassungszahlen sind allerdings noch verschwindend gering: In 2019 wurden nur 112 Anträge auf den Umweltbonus für Brennstoffzellenfahrzeuge gestellt. Am 01.01.2020 sind in Deutschland 507 Brennstoffzellenfahrzeuge zugelassen (Quelle KBA/März 2020). Vom Hyundai Vorgängermodell ix35 sind seit 2013 nur 200 Stück verkauft worden (Quelle ADAC/September 2019). Seit Ende 2018 ist auch der Mercedes GLC F-Cell erhältlich. Alle verfügbaren Brennstoffzellen-Autos sind SUV-Modelle bzw. der Mirai eine Limousine und wiegen um die 2 Tonnen. Sie haben eine reale Reichweite von 450-480 km im ADAC Test erreicht. Der Blick auf die Wasserstofftankstellen in Deutschland zeigt, dass es derzeit nur 82 gibt, im Laufe des Jahres 2020 sollen es 100 werden und bis 2023 sind 400 geplant (Quelle H2 Mobility/Februar 2020). Verglichen mit den Batterie-elektrischen Angeboten von heute ist die Reichweite der Wasserstoffautos also nicht mehr extrem höher, die angebotene Infrastruktur im Vergleich aber noch deutlich weniger ausgebaut. Ökologisch gesehen, sollte Wasserstoff aus erneuerbaren Energien möglichst vor Ort erzeugt werden. Lösungen dafür werden bereits in Pilotanlagen getestet, ein bezahlbarer Standard ist aber noch längst nicht in Sicht.
Wasserstoff hat Potenzial – ist aber noch nicht so weit wie Elektroantriebe
Viele Hersteller engagieren sich in der Clean Energy Partnership oder der nationalen Wasserstoffallianz und in 2017 formierte sich während des World Economic Formus in Davos der internationale „The Hydrogen Council“, um mit vereinten Kräften Fortschritte zu erzielen. Auch die deutsche Regierung will ihre Förderung der alternativen Antriebe weiterhin technologieoffen halten. Ganz sicher bietet Wasserstoff als Energiespeicher großes Potenzial, wenn die Gewinnung aus erneuerbaren Energien erfolgt und industrie- und anwendungsübergreifend Synergien genutzt werden können (Sektorkopplung). Auch für Schwerlastbetriebe hat die Technologie Vorteile gegenüber Batteriespeichern. Aus heutiger Sicht sind wir jedoch von der sogenannten Wasserstoffwirtschaft noch weit entfernt. Die Elektromobilität ist da schon deutlich weiter. Die Automobilhersteller haben die Ampel auf Grün gestellt für Batterieantrieb und investieren enorm in Batterie-Fabriken, Produktionslinien für verschiedene Fahrzeugmodelle und die Weiterentwicklung der Technologie. Weltweit waren Investitionen von mehr als 300 Milliarden Euro bereits bis Anfang 2019 angekündigt (Quelle Reuters.com, Januar/April 2019). Seitdem gibt es immer wieder neue Projekte und Pläne, viele werden sogar nochmal beschleunigt. Für Brennstoffzellen-PKW ist nichts dergleichen zu vernehmen. Die Marktentwicklung ist schlichtweg viel langsamer als die der Elektromobilität.
Fazit: Wer lokal emissionsfrei fahren möchte, kann dies bereits heute mit Wasserstoff-Brennstoffzellen-Autos tun. Darauf zu warten, weil es die vermeintlich bessere Lösung ist, lasse ich als Argument nicht gelten. Es gibt auch viele technische Gründe, warum Batterie-Fahrzeuge für die Alltagsmobilität heute dem Wasserstoff-Antrieb vorzuziehen sind und dieser seine Stärken besser in anderen Anwendungen ausspielt. Dazu erfahren Sie mehr in meinen kommenden Blogs.
Möchten Sie wissen, welche Chancen Elektromobilität für Sie bereithält? Dann schreiben Sie mir unter: energie.schub@claudia-brasse.de oder rufen Sie mich an.