15.11.2019

Welche Reichweite brauchen Elektroautos wirklich?

Immer wieder ist zu hören: Mit der Elektromobilität wird das nie etwas, E-Autos kommen nicht weit genug. Aber ist die begrenzte Reichweite wirklich ein Problem? Für den durchschnittlichen Deutschen nicht – wenn er mit sich ehrlich ist.

Welche Reichweite brauchen Elektroautos wirklich?
© shutterstock.com | Daniel Krason

Viele große Städte haben bereits Dieselfahrverborte verhängt. Eine Entscheidung, die sicherlich viele Autofahrer zum Nachdenken anregt: Ist ein Elektroauto vielleicht die bessere Alternative? Wie relevant ist für mich das häufig genannte Argument, dass Elektroautos nur über eine geringe Reichweite verfügen?

Im Durchschnitt weniger als 50 Kilometer

Natürlich ist ein Fahrzeugkauf eine sehr individuelle Angelegenheit und eine emotionale noch dazu. Neben rein ökonomischen und ökologischen Gesichtspunkten spielen auch Dinge wie Marke, Design oder Status eine Rolle. Und beim E-Auto kommt natürlich noch die berühmte Reichweitenangst hinzu. Rein statistisch gesehen betragen die mit dem Auto pro Tag in Deutschland zurückgelegten Entfernungen im Durchschnitt 41 Kilometer. Pro einzelner Fahrt sind es im Schnitt sogar nur 12 km.

Auch die Pendlerstatistik zeigt, dass nur 20 Prozent der Arbeitnehmer mehr als 25 km zur Arbeitsstätte zurücklegen. Gibt es beim Arbeitgeber oder an Zielen wie Einkaufszentren oder Freizeiteinrichtungen, die der Fahrer regelmäßig ansteuert, Lademöglichkeiten, spielt die Reichweite des eigenen Fahrzeugs keine Rolle mehr.

Die Reichweiten der E-Autos steigen

Zugegeben, die ersten Elektrofahrzeuge waren schon eher etwas für Liebhaber und Pioniere: In der Regel lag deren Reichweite meist bei gerade einmal maximal 150 km. Fahrten mit diesen Modellen erforderten eine gute Planung, hohe Frustrationstoleranz und zusätzlichen Zeitaufwand, etwa wenn ein unerwartetes Ereignis zu Umwegen zwang und dann angesichts begrenzter Ladeinfrastruktur kaum Lademöglichkeiten zu finden waren.

Einzig Tesla bietet mit dem Model S seit 2012 ein Elektroauto, mit dem der Besitzer ohne Weiteres von der Nordsee an die Alpen fahren kann: Die kleinste Variante schafft 400 km, die reichweitenstärkste sogar bis zu 632 km (nach europäischer Norm NEFZ) –  Diese Luxus-E-Autos haben allerdings einen stolzen Kaufpreis von 100.000 Euro und mehr.

Der technische Fortschritt der vergangenen Jahre war aber enorm. So bietet beispielsweise Renault im neuen Zoe Z.E.50, der Ende 2019 auf den Markt kommt eine Reichweite von bis zu 395 km (nach neuer WLTP Norm). Weltweit sind heute bereits mehr als 150 Modelle verfügbar – mit Reichweiten von 150 km bis hin zu weit über 600 km nach Normzyklen oder über 350 km unter realen Bedingungen.

Der Kunde hat also die Wahl. Vermutlich werden viele Käufer zunächst zu den höheren Reichweiten tendieren, allein um auf der sicheren Seite zu sein. Ich gehe aber davon aus, dass sich bereits mit der nächsten Generation Elektroautos viele Kunden die Fahrzeuge spezifischer auswählen werden. Für Pendler und Unternehmen lohnen sich Elektrofahrzeuge häufig heute schon. Auch für gewerbliche Zwecke sind Elektrofahrzeuge häufig gut geeignet, da die Routen oft bekannt sind und zum Teil regelmäßig wiederkehrende Strecken gefahren werden.

Elektromobilität wird Normalität                  

Erfahrungsgemäß dauert es keine zwei Wochen regelmäßiger Nutzung, bis der Besitzer sein neues Elektroauto gut kennt. Dann gewinnt er meist Vertrauen und Gelassenheit, was die eigenen Bedürfnisse, den Fahrstil, den entsprechenden Energieverbrauch und die verfügbare Reichweite angeht. Und bereits nach kurzer Zeit lädt der Fahrer die Batterie nicht mehr jeden Tag voll auf, sondern nur noch ein- oder zweimal in der Woche. Schnell wird das Fahren mit dem Elektroauto zur Normalität. Es ist sogar so, dass die meisten nach der Eingewöhnung nicht mehr zurück möchten zum Verbrenner.

(Dieser Artikel erschien im Original unter https://edison.media/e-hub/wieviel-reichweite-mein-elektroauto-wirklich-benoetigt/21193048.html und wurde hier gekürzt und leicht überarbeitet.)

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