30.11.2021

Schnellladenetzausbau ohne Stadtwerke

Das Engagement beim Ausbau der Schnellladeinfrastruktur nimmt weiter zu - insbesondere bei den bereits etablierten Anbietern. Viele regionale Energieversorger stehen dem Thema noch skeptisch gegenüber. Verpassen sie bei fortwährender Zurückhaltung ein wichtiges Geschäftsfeld oder bleibt das Schnellladen eine Nische?

Schnellladenetzausbau ohne Stadtwerke
© Bildquelle: Ralf Kaulen

Der Koalitionsvertrag der neuen Regierung hat ehrgeizige Ziele im Klimaschutz formuliert und auch für die Mobilitätswende gibt es neue Leitplanken. Bis 2030 sollen jetzt 15 Millionen Elektrofahrzeuge auf Deutschlands Straßen rollen und dabei werden Plug-In Hybride nicht mehr mitgezählt. Das bedeutet damit mehr als eine Verdopplung der bisherigen Ziele.

Zwar steigen die Reichweiten der Elektrofahrzeuge im Durchschnitt an, aber auch aktuelle Diskussionen zeigen, dass Reichweitenangst noch nicht passé ist und viele sich aufgrund Ihrer Fernziel-Reisewünsche und dem fehlenden Angebot oder auch nur (gefühlt) mangelndem Komfort beim Laden unterwegs heute noch gegen ein Elektroauto entscheiden. Dem Schnellladen kommt da eine hohe Bedeutung zu, diese Lücke real und in der Wahrnehmung der Endverbraucher zu schließen. So werden auch Ladehubs und Schnellladeparks im Koalitionsvertrag erwähnt.

Attraktives Geschäftsfeld Schnellladeinfrastruktur

Der Schnellladeinfrastrukturausbau schreitet mitunter zügig voran: Laut BDEW beträgt der Anteil von Schnellladepunkten in der öffentlichen Ladeinfrastruktur heute bereits 14% gegenüber noch 10% vor einem Jahr. Der Bund fördert den weiteren Ausbau eines flächendeckenden, bedarfsgerechten und benutzungsfreundlichen deutschlandweiten Schnellladenetzes mittels einer am 01.10.2021 gestarteten Ausschreibung für 1000 Standorte. Das Deutschlandnetz soll sicherstellen, dass überall in Deutschland in wenigen Minuten ein Schnellladepunkt zu erreichen ist und Elektroautos in kurzer Zeit aufgeladen werden können.

Der Markt in Deutschland wird im Wesentlichen von den folgenden vier Unternehmensgruppen geprägt:

  • Überregionale Energieversorgungsunternehmen, die an Transitstrecken und auch stadtnah in attraktive Standorte investieren, beispielsweise EnBW
  • Mineralölkonzerne wie Schell und BP/Aral, die an Tankstellen Schnellladeinfrastruktur aufbauen und als Partner in Projekte für den Einzelhandel gehen, wie beispielsweise Ladeparks bei großen Lebensmitteldiscountern
  • Eigenständige Schnellladenetzbetreiber wie z.B. Fastned und Tesla
  • Automobilkonzerne, die mittels des Joint Ventures Ionity Ladeparks an Autobahnen aufbauen

Letzte Woche wurde bekanntgegeben, dass sich der Finanzinvestor Blackrock mit einem erheblichen Anteil an der nächsten Ionity-Finanzierungsrunde beteiligt. Dies bestätigt das große Potenzial, das dem Geschäftsfeld zugeschrieben wird – trotz hoher Anfangsinvestitionen in die Schnellladeinfrastruktur und den Standortausbau.

Verpasste Chancen für regionale Energieversorger?

Insbesondere kommunale und vor allem regional tätige Energieversorger tun sich hingegen schwer mit dem Schnellladen. So zeigt eine aktuelle Umfrage unter Energieversorgern, dass zwar nahezu alle heute AC Ladeinfrastruktur als Standard anbieten, aber nur 40% der Befragten DC Laden ab 50kW und nur 16% DC Laden ab 100kW betreiben. Für die Pläne bis 2025 und 2030 ergibt sich ein differenziertes Bild: DC Laden stellt eines der größten Wachstumsfelder dar, jedoch nicht für alle. Auch unter strategischen Gesichtspunkten wird es von bis zu 32% der Umfrageteilnehmer als unwichtig bzw. eher unwichtig eingestuft.

Gleichzeitig wird die mangelnde Wirtschaftlichkeit der bereits bestehenden Ladeinfrastruktur bemängelt und auch für die Zukunft kritisch gesehen. Wird hier also ein wichtiger Trend verpasst? Oder ist es für einen Markteintritt in dem Segment Schnellladen bereits zu spät? Wie wird sich der Bedarf aus Kundensicht und damit das Marktpotenzial entwickeln und wie ist die Prognose insgesamt für das Geschäftsfeld, wenn schon jetzt die Monopolkommission mehr Wettbewerb und Tarif-Transparenz fordert und die Preise weiter unter Druck geraten?

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Informationen zur erwähnten Umfrage und deren Ergebnisse finden Sie in der Studie „Ladeinfrastruktur als Geschäftsfeld für Energieversorgungsunternehmen“, die Sie hier herunterladen können.

Auf Basis der Umfrageergebnisse und aktueller Marktanalysen biete ich Ihnen gemeinsam mit meinem Kooperationspartner PKF Fasselt Inhouse-Workshops an, in denen Schwerpunktthemen wie beispielsweise DC Laden für Sie individuell analysiert werden kann. Bei Interesse schreiben Sie mir unter: energie.schub@claudia-brasse.de oder rufen Sie mich an 02234 97912085.

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