10.06.2021

Ladeinfrastruktur wird – erneut - zum Engpass-Faktor

Der Mitte 2020 gestartete Elektroauto-Boom hält an: die monatlichen Neuzulassungen haben sich seit dem vierten Quartal 2020 auf >20% eingependelt. Die Bundesregierung fördert private Wallboxen, aber das öffentliche Laden bleibt ein wichtiger Baustein – nicht zuletzt auch in der Wahrnehmung der Kunden. Die Diskussion um „Reichweitenangst“ ist noch nicht vergessen und flammt immer wieder auf. Das Fahrzeugangebot und Schnellladen entwickeln sich rasant. Das Wachstum bei der Neuinstallation von öffentlicher Ladeinfrastruktur kommt jedoch mit dem steigenden Bedarf nicht mit.

Ladeinfrastruktur wird – erneut - zum Engpass-Faktor
Bildquelle: Arizona Metis Center

Die Elektromobilität hat im letzten Jahr Fahrt aufgenommen. Am 1. Januar 2021 waren >300 Tausend Elektrofahrzeuge (EV) zugelassen und fast ebenso viele Plug-In Hybride (PHEV), insgesamt 589 Tausend mit elektrischem Antrieb. Seit November 2020 liegt die Neuzulassungsquote beständig über 20%. Mit knapp 250 Tausend bis Ende Mai und damit heute ca. 850 Tausend EV/PHEV ist die Million greifbar nah und wird bei gleichbleibender Entwicklung im dritten Quartal 2021 erreicht.

Begründet vor allem durch die Emissionsgesetzgebung und Motivation der Automobilhersteller zur Einhaltung der Ziele und unterstützt durch Boni und Anreize zuletzt aus dem Konjunkturpaket ab Juli 2020 beobachten wir seit einem Jahr einen EV Boom.

Die Frage ist nicht mehr, ob Elektromobilität kommt, sondern wie wir den Übergang gestalten.

Während Elektroautos boomen, kommt die Ladeinfrastruktur nicht hinterher

Die Nationale Plattform für Mobilität – die Expertenkommission zur Beratung der Bundesregierung – hat bereits das Ziel für 2030 von im ehemals optimistischen Fall 10 Millionen Elektrofahrzeugen auf bis zu 14 Millionen angehoben. In verschiedenen Szenarien wird ein Bedarf von bis zu 1 Million Ladepunkten benötigt. Ausgehend von heute ca. 50.000 öffentlichen Ladepunkten* liegt dazwischen ein Faktor von 20.

Es wird ja oftmals unterschätzt, was auf lange Sicht zu schaffen ist. Also kann man getrost optimistisch sein. Genauso wird aber häufig überschätzt, was auf kurze Sicht machbar ist. Und da liegt der Hase im Pfeffer begraben. Erfahrungen aus der Praxis zeigen, es kann 3 Jahre und länger dauern von der Entscheidung, Ladeinfrastruktur zu installieren über die Planung bis zur Umsetzung und Inbetriebnahme.

Aber: schon bis 2023 werden zusätzlich 100.000 Ladepunkte benötigt. Wenn man bedenkt, dass es bis hierher 10 Jahre gedauert hat und in den drei Jahren von 2018-2020 nur 23.000 Ladepunkte aufgebaut wurden, wird deutlich, dass wir mindestens Faktor 4-5 JETZT schaffen müssen. Allerdings ist ein gegensätzlicher Trend zu beobachten: im zweiten Halbjahr 2020 betrug das Wachstum beim Zubau von öffentlicher Ladeinfrastruktur 12%. Im ersten Halbjahr 2021 hat es sich mit 6% auf die Hälfte verlangsamt. Das Wachstum bei Elektrofahrzeugen übersteigt also bei weitem den Ladeinfrastruktur-Aufbau.

Ladeinfrastruktur wird – erneut - zum Engpassfaktor beim Markthochlauf der Elektromobilität

Für Betreiber ist öffentliche Ladeinfrastruktur nicht immer wirtschaftlich. Gerade die Erfahrungen mit den frühen Investitionen wie zum Beispiel den sogenannten „Bürgermeister-Ladesäulen“ wirken abschreckend. Heute machen Ladepunkte an den Points of Interest (POI) noch knapp 15% des Angebots aus.

Woran liegt es also? Die Unterstützung vom Staat ist ungebremst: Förderprogramme für öffentliche Ladeinfrastruktur laufen weiter und wurden ergänzt um ein Programm für Schnellladesäulen und Unterstützung für die Anschaffung privater Wallboxen. Wie diese Ladeoptionen die Nutzung der öffentlichen Ladeinfrastruktur künftig beeinflussen, wird heiß diskutiert und in Szenarien modelliert. Am Ende wird es der Nutzer durch sein Verhalten bestimmen. Heute kann man jedoch noch einen Tech-Push Ansatz im Markt beobachten. Und gerade die Diskussion um das Schnellladen, die Alternative Wasserstoff oder synthetische Kraftstoffe und viele andere Themen rund um die Elektromobilität sind für viele verwirrend. Häufig beobachte ich als Resultat eine Art Lähmung, in dem Sinne „Besser nichts tun als das Falsche“. Nicht verwunderlich, dass gerade in diesen Zeiten dann Investitionen verschoben werden. Dennoch meine ich:

Nicht Handeln ist selten die beste Option

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