15.12.2021

Elektromobilität wird auf dem Land entschieden

Obwohl Elektroautos oft im Kontext der Urbanisierung und noch häufig als Kurzstrecken-Lösung wahrgenommen werden, sind die heutigen Käufer und die First Movers und Early Adopters nur selten die Stadtbewohner. E-Auto-Käufer laden zuhause, d.h. die meisten haben eine eigene Garage oder Carport und sind Hausbewohner. Sie wohnen im Speckgürtel oder auf dem Land.

Elektromobilität wird auf dem Land entschieden

Noch bevor sich Elektroautokäufer überlegen, welches Modell sie gerne hätten, fragen sie sich, wo sie laden werden. Erst wenn das geklärt ist und die Strecken-Bedarfe und Nutzungs- und Ladeintervalle klar sind, weiß man, welche Reichweite und welche Ladestandards erfüllt sein müssen. Und da hapert’s dann oft schon, wenn man zuhause nicht die Möglichkeit hat, zu laden oder perspektivisch eine Wallbox zu montieren.

Nur wer zuhause laden kann, kauft ein Elektroauto

In Mehrfamilienhäusern ist damit noch lange nicht zu rechnen. Zwar gibt es mit den Gesetzen aus diesem Jahr Mindestvorschriften für entsprechende Vorrichtungen und Stellplatzquoten, aber die gelten nur für Neubauten oder im Gewerbe-Bestand und auch dafür sind die Ambitionen noch bescheiden. In Mehrfamilienhäusern, die im Besitz von Wohnungseigentümergemeinschaften sind, wird der Meinungsfindungsprozess eine Weile dauern. Die Beschlüsse werden in Eigentümerversammlungen getroffen, die nur einmal jährlich stattfinden, und auch nur auf Antrag. Ist der erste bereit für ein Elektroauto, muss er vermutlich allein enorme Kosten stemmen oder warten, bis Nachbarn überzeugt sind und mitziehen. Das bedeutet, der Prozess kann sich schnell 2 Jahre oder länger hinziehen bis zum Beschluss. Dann vergehen bis zur Umsetzung weitere Monate.

Für die Ladeinfrastruktur am Arbeitsplatz gibt es mittlerweile ein Förderprogramm. Bis das Wirkung zeigt und die Ladepunkte auf den Parkplätzen nutzbar sind, vergeht aber ebenfalls noch Zeit. Im Wesentlichen werden dieses Förderprogramm vermutlich die Automobilhersteller für ihre eigenen Mitarbeiterparkplätze nutzen, denn die meisten Unternehmen sind noch gar nicht vorbereitet auf ein derartiges Projekt, haben andere Prioritäten und das Wissen nicht im Hause. Und dann fehlen zusätzlich für Planung und Umsetzung schlichtweg die Ressourcen.

Antriebswende der Besserverdiener

Noch für längere Zeit bleibt Elektromobilität also etwas für Eigenheimbesitzer. Die gute Nachricht ist: die ehrgeizigen politischen Ziele, die gerade im Koalitionsvertrag verdoppelt wurden auf nun 15 Millionen zugelassene Elektrofahrzeuge in 2030 (von zuvor 10-14 Millionen elektrifizierte PKW, d.h. inklusive Plug-In Hybride) können dennoch erreicht werden. In Deutschland gibt es ca. 13 Millionen Gebäude mit nur einer Wohnung. Da wird schon allein das Zweitwagen-Potenzial einen Großteil des E-Auto Booms der nächsten Jahre begründen. Und wenn heute die Mitarbeiter der Automobilhersteller prädestinierte Käufer für die Elektroautos ihrer Arbeitgeber sind, dann entsteht auch bald ein Gebrauchtwagenmarkt dafür.

Interessant wird auf Sicht um 2025 dann die Frage, ob die Stadtbevölkerung möglicherweise die Mobilitätswende durch ihr Verhalten bereits merklich beeinflusst. Wie wird sich der Trend vom Besitzen zum Benutzen von Fahrzeugen für individuelle Mobilität entwickeln? Wann wird die Multimodalität nahtlos vernetzt? Wann machen die „Stehzeuge“ Platz für neue Stadtentwicklungsmöglichkeiten?

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