Ein zweites Leben
Der bewusste Umgang mit Ressourcen wird in unserer Zeit immer bedeutender – das gilt auch für Batterien aus Elektrofahrzeugen. Im vorherigen Blog wurde dieses Thema bereits aufgegriffen und jetzt noch vertieft. Fragen, die in Bezug auf das 2nd Life von Batterien aufgeworfen wurden, sind unter anderem: Wie können Batterien zurückgeholt werden? Wie lassen sie sich rekombinieren? Wie kann man die Materialien weiter verwerten?
Die Batterien der ersten Generation waren robuster als zuvor gedacht, deshalb wurde in den nächsten Generationen bereits weniger Sicherheitspuffer eingebaut. Der Weiterentwicklung ebenfalls zuträglich war ein immer besseres Verständnis der Technologie und der Anwendung.
Bereits seit Beginn der industriellen Fertigung der Elektrofahrzeugbatterien machen sich Entwickler Gedanken über deren »Lebensende«. Tatsächlich nimmt mit der Zeit die verfügbare Kapazität ab, was zu Reichweiteneinbußen führen kann. Dennoch ist die Batterie auch mit 80% oder 70% Kapazität noch gut für eine weitere Nutzung, z. B. in einer stationären Anwendung. In ersten 2nd Life Pilotprojekten hatten die Batterien in der Regel ein kurzes und nicht sehr stressiges erstes Leben hinter sich und kamen aus Feldversuchen der Elektromobilität. Sie wurden also in einer kontrollierten Umgebung eingesetzt und über die Nutzung und den Zustand war bereits vieles bekannt, bevor sie ihr zweites Leben antraten.
2nd Life wirtschaftlich profitabel gestalten
Sollen Elektrofahrzeugbatterien ein zweites Leben bekommen, gilt es allerdings einige Aspekte genauer zu betrachten. Zunächst ist zu klären, wo die Batterien sind, wem sie gehören und wo sie hin sollen. Der Transport muss nach rechtlichen und organisatorischen Auflagen erfolgen und ist ein Kostenfaktor.
Um ein wirtschaftlich profitables 2nd Life zu ermöglichen, sollte ebenfalls die Anwendungsintegration geklärt werden: Wie lässt sich eine möglichst homogene Zusammensetzung von 2nd Life Batterien erreichen? Sind die Batterien sortenrein oder ggf. von verschiedenen Herstellern? Hatten sie eine unterschiedlich lange Lebenszeit mit verschiedener Historie und wie ist ihr »Gesundheitszustand« heute? Dazu müssen Daten ausgewertet werden, die den State-of-Health der Batterie dokumentieren. Wie wurde diese eingesetzt und welche Auswirkungen hat dies auf das zweite Leben; wurde sie z. B. extremen Temperaturen oder Ladezuständen ausgesetzt? Dies ist essenziell, um zu bestimmen welche Leistung die Batterie noch für welchen Zeitraum erbringen kann. Weiter sollte bestimmt werden welchen Wert die Batterie noch hat, wie sie vergütet wird und welches Geschäftsmodell im 2nd Life rentabel ist.
Nur wenn all diese Faktoren analysiert werden, wird der größtmögliche Nutzen aus der neuen Anwendung gezogen. Dann können die De- und Re-Assemblierung folgen. Alternativ wandern die Komponenten direkt ins Recycling und die Materialien werden zurückgewonnen.
Beispiele aus der Praxis
Last-/Energiemanagementund Ersatzteillager
BMW betreibt eine Speicherfarm in ihrem Werk in Leipzig mit i3 Batterien. Bis zu 700 Stück können 13 MWh Energie speichern. Dabei kommen 2nd Life Batterien ebenso zum Einsatz wie neuwertige, die als Ersatzteil vorgehalten werden. 10 MW sind für Primärregelleistung präqualifiziert. In einem Pilotprojekt will man den stabilisierenden Effekt von Batterien für die Stromnetze und das Geschäftsmodell damit verstehen. Später lässt sich das Konzept als Blaupause weltweit übertragen. Auch mit Batterien aus dem Elektro-Smart, der Renault Zoe, Nissan Leaf und anderen gibt es vergleichbare Speicher.
Stationärer Pufferspeicher zur Integration von erneuerbaren Energien
In der Amsterdam Arena nimmt ein 3 MW Speicher aus 148 Elektroautobatterien den aus der eigenen Solaranlage erzeugten Strom auf – etwa die Hälfte der Batterien lebt dort ihr 2nd Life. Die Energie wird somit lokal effizient genutzt und kann ebenfalls ins Netz eingespeist werden und dieses stabilisieren. Auch die Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge wird so mit erneuerbarem Strom gespeist. In 2020 geht man dort noch einen Schritt weiter und ermöglicht die Rückspeisung von Strom aus den an der Ladesäule angeschlossenen Elektroautos in einem Vehicle-to-Grid Projekt (V2G).
Hausspeicher
Auch kleinere 2nd Life Speicher, u. a. aus Elektrobusbatterien finden schon Anwendung, z. B. als Quartierspeicher oder in einem Busdepot. Grundsätzlich wäre auch ein Hausspeicher denkbar, ist doch die Komplexität dort nicht so groß, wenn nur eine oder wenige Batterien neu eingesetzt werden müssen. Aber vor einem Einsatz beim Endkunden müssen wohl noch ein paar der oben genannten Fragen zuverlässig beantwortet werden.
Die Entwicklung von 2nd Life
Früher wurde diskutiert, dass neue Batterien immer noch besser und billiger sein werden, weshalb 2nd Life kein Geschäftsmodell wird. Aber ab wann haben wir einen Status quo erreicht, an dem der Preis nicht weiter sinkt? Und wann kommt eine ausreichend große Stückzahl aus dem Feld zurück, um daraus einen neuen Industriezweig zu entwickeln? Sicherlich nicht vor 2025, aber die Weichenstellung erfolgt jetzt.
Unter dem Gesichtspunkt der Ressourcen-Effizienz ist es eine absolute Notwendigkeit, Speicherkapazität weiter zu nutzen, nachdem sie nur den Mobilitätsbedarf nicht mehr decken kann. Es ist auch gesetzlich bereits für die Hersteller vorgeschrieben, Fahrzeuge und Batterien zurück zu nehmen: eine Quote von mindestens 85% für Wiederverwertung und Recycling sind Pflicht und für >95% muss die Rückholung und Verwertung dokumentiert werden.
Am Ende wird eine 2nd Life Anwendung immer ein Abwägen sein zwischen technischer Machbarkeit, der Wirtschaftlichkeit im Vergleich zu den Kosten oder der Wertschöpfung aus dem (sofortigen) Recycling und ggf. politischen Vorschriften und Regularien.
Wollen auch Sie wissen, wie das 2nd Life von Batterien sinnvoll zum Einsatz kommen kann, dann schreiben Sie mir unter: energie.schub@claudia-brasse.de oder rufen Sie mich an.