20.01.2021

CO2-Abgabe im Verkehr – wirksam seit Januar aber noch wirkungslos

Wer im neuen Jahr erstmals tanken musste, hat womöglich einen Preisschock erlebt. Sprit war um 20% teurer und nicht jeder war darauf vorbereitet. Der Grund ist die neue CO2-Abgabe. Und wie kommt diese nun dem Klimaschutz zugute?

CO2-Abgabe im Verkehr – wirksam seit Januar aber noch wirkungslos
Helvetica „Tanksäule“, Some rights reserved, Quelle: www.piqs.de

Im Januar liegen die Sprit-Preise bisher bei durchschnittlich 1,35 Euro für Benzin und 1,25 Euro für Diesel. Das ist eine deutliche Erhöhung gegenüber dem Jahresende 2020. Und mancher mag auch noch die Tiefstpreise von unter einem Euro im letzten Jahr im Kopf haben.

Die Preiserhöhung ist vor allem auf die neue CO2-Abgabe auf Kraftstoffe zurückzuführen, die seit dem 01.01.2021 erhoben wird. Kritiker sind da schnell an der Hand mit Behauptungen wie „die Mineralölkonzerne nutzen das aus für versteckte Preiserhöhungen“ oder „die kleinen Leute sollen für den Klimaschutz bezahlen“. Ich wollte das genauer wissen und verstehen, ob die CO2-Abgabe der Autofahrer wirklich dem Klimaschutz zugutekommt.

Die Autofahrer erhöhen nicht die Profite der Mineralölkonzerne

Klar ist: Klimaschutz kostet und irgendwer muss es bezahlen. Nach dem Verursacherprinzip wird ab diesem Jahr auch der Autofahrer mit einer CO2-Abgabe auf Treibstoff daran beteiligt.1 Dies ist eine der Maßnahmen aus dem "Klimaschutzprogramm 2030" der Bundesregierung. Ab 1.1.2021 gilt ein festgesetzter Preis von 25 Euro je Tonne CO2-Emission aus fossilen Treibstoffen im Verkehr und im Gebäude-Sektor.2 Bis 2025 steigt er schrittweise auf 55 Euro je Tonne und nach einer Übergangsphase erfolgt ab 2027 der freie Handel mit Emissionszertifikaten.

Die CO2-Abgabe auf Benzin und Diesel schlägt mit ca. 7 bzw. 8 ct pro Liter Benzin oder Diesel zu Buche. Hinzu kommt, dass seit Jahresbeginn wieder der Mehrwertsteuersatz von 19% gilt. Insgesamt rechtfertigt das also einen Preisanstieg von ca. 10 ct pro Liter. Das liegt tatsächlich genau noch im Rahmen der üblichen Preisschwankungen im Tagesverlauf. Die Sprit-Preise liegen jetzt wieder auf dem Niveau der Durchschnittspreise von 2018 und 2019. Genau genommen war das Tanken also im Jahr 2020 sehr günstig.

Die Entlastungen für Verbraucher an anderer Stelle sind kein adäquater Ausgleich

Umgerechnet kostet die Abgabe den Fahrer eines Benzin-Autos im Durchschnitt 59 Euro und einen Diesel-Fahrer 108 Euro mehr in diesem Jahr.3

Damit Endverbraucher dadurch nicht unbillige Härte erfahren, sollen sie an anderer Stelle wieder entlastet werden.4 So will der Bundeswirtschaftsminister einen sozialverträglichen Ausgleich über den Strompreis schaffen: die EEG-Umlage sinkt 2021 erstmals von bisher 6,756 ct/kWh Strom auf 6,5 ct/kWh. Der Gedanke, den Hebel möglichst für alle gleichmäßig anzusetzen, ist nachvollziehbar. Allerdings scheint mir eine Ersparnis von 4 Euro für einen Single-Haushalt oder ca. 9 Euro für eine drei-köpfige Familie kaum ein Ausgleich zu sein. Wer seine Stromrechnung am Jahresende nicht aufmerksam liest, wird es wohl kaum bemerken.

Leider bleibt nach der Umverteilung nicht viel übrig für den Klimaschutz

So gesehen bliebe zumindest zu hoffen, dass der Großteil der CO2-Abgabe auch dem Klimaschutz zugutekommt. Die Liste der Maßnahmen, die nach Angabe der Bundesregierung davon profitieren sollen, ist lang:

  • Förderung der Elektromobilität, Erleichterung der Anschaffung von neuen Elektro-Autos, Investitionen in Ladeinfrastruktur
  • Förderung von Radverkehr und ÖPNV
  • Ermäßigung von Bahntickets und Investitionen in die Bahn und ihre Infrastruktur
  • Zuschüsse und Anreize für neue Heizungen, Gebäudesanierungen
  • Und weitere Innovationspakete und Klimaschutzmaßnahmen

Wenn schon beim Bürger nicht viel ankommt, wie profitiert dann die Zukunft? Geht man von einem Spritverbrauch durch PKW auf dem Niveau des Jahres 2018 und 2019 aus, so könnte die Abgabe in diesem Jahr Mehreinnahmen von ca. 3,5 Milliarden Euro generieren. Die genannte EEG-Entlastung wird davon jedoch bereits 1,65 Milliarden Euro wieder verschlingen, also knapp die Hälfte des Erlöses aus der Sprit-Abgabe. Dies erscheint unverhältnismäßig in absoluten Zahlen, wenn man es dem Effekt für den einzelnen Endverbraucher-Haushalt gegenüberstellt.

Was können also die verbleibenden 1,85 Milliarden Euro bewirken?

Würde man den Gesamtbetrag für die Innovationsprämie für Elektrofahrzeuge und Plug-In-Hybride im Verhältnis 50:50 ausgeben (Höchstsätze beim Bundesanteil angenommen), wäre der Topf schon vor dem Jahresende leer. Etwas über 350.000 Neuzulassungen könnten bezuschusst werden. Allein im Jahr 2020 wurden 394.902 EV+PHEV zugelassen. Geht man von einer weiteren dynamischen Entwicklung bei den Zulassungszahlen aus, wie sie sich abzeichnet, dann wäre das Budget vermutlich schon im Sommer ausgeschöpft.

CO2-Abgabe auf Sprit – noch wirkungslos für den Klimaschutz in 2021

Sprit sparen steht allerdings für die meisten gerade nicht ganz oben auf der Liste. Mit insgesamt noch reduzierter Mobilität im ersten Quartal 2021 wird das Budget also kleiner ausfallen.

Ich vermute, dass die CO2-Abgabe auf Kraftstoff in diesem Jahr nicht merklich zu einer Verhaltensänderung der Verbraucher führen wird. Die Steuer nach dem Verursacherprinzip finde ich jedoch richtig. Mit steigenden Preisen für die Emissions-Zertifikate wird dies hoffentlich die erwünschte Lenkungswirkung entfalten. Wirklich signifikant wird der Effekt der CO2-Abgabe, wenn der Zuschlag auf 15-17 ct je Liter ab 2025 oder bis zu 20 ct im Folgejahr steigt. Ich bin allerdings überzeugt, dass wir völlig unabhängig davon ein Umdenken und eine dynamische Entwicklung beim Mobilitätsverhalten schon früher beobachten werden, die von einer Reihe ganz anderer Einflüsse geprägt wird.

Welche Trends im Individualverkehr sehen Sie aktuell? Wird der Emissionshandel im Verkehr die Mobilitätswende unterstützen? Welche Auswirkungen hat es auf Ihr Geschäft? Lassen Sie uns darüber sprechen: schreiben Sie mir unter: energie.schub@claudia-brasse.de oder rufen Sie mich an 02234 97912085. Kommentieren Sie auch gerne diesen Artikel bei LinkedIn.

 

Anmerkungen: 1 Eine weitere Maßnahme ist die CO2-bezogene Reform der Kraftfahrzeugsteuer für Neuwagen ab 2021, deren Mehreinnahmen für das Klimapaket verwendet werden sollen. 2 Kraftwerke, Industrie und Luftfahrt müssen ihre CO2-Emissionen bereits seit 2005 bzw. 2012 mit Zertifikaten ausgleichen. 3 Kosten berechnet aufgrund der durchschnittlichen Fahrleistungen und spezifischen Verbräuche aus dem Jahr 2019. 4 Außerdem gilt ab 2021 eine um 5 ct erhöhte Pendlerpauschale ab dem 21. Entfernungskilometer. Sie kostet laut Bundesfinanzministerium 0,4 Milliarden Euro. Quellen: Bundesministerien und Kraftfahrtbundesamt

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