18.05.2020

Chancen für eine mobile Zukunftsoffensive – Mobilität 2.1: Mensch und Umwelt können aufatmen

Wann endlich beginnt die neue Ära der Mobilität? Seit Jahren schon gibt es Studien zur Mobilität der Zukunft. Artikel skizzierten dazu bereits im Jahr 2009 Visionen für das Jahr 2025 oder 2030. Begleitet werden sie von den immer gleichen, idyllischen Szenen von autofreien Straßen und von begrünten Plätzen, auf denen Kinder sorglos spielen und die Erwachsenen entspannt in Straßencafés sitzen. Sie wirken so vertraut, diese Bilder, und doch scheint mit ihnen diese mobile Zukunft weiter in die Ferne zu rücken.

Chancen für eine mobile Zukunftsoffensive – Mobilität 2.1: Mensch und Umwelt können aufatmen
© shutterstock.com | CapturePB

Wie können diese Visionen wahr werden? Die Pläne liegen längst bereit: Urbane Mobilität 2.0 – das bedeutet weniger Autos und dafür mehr Radpendler auf breiten Fahrradspuren, neue Mobilitätsdienste und irgendwann auch autonome Shuttles „to-go“. Wir zahlen nur noch die Strecke, die wir zurücklegen, egal mit welchem Verkehrsmittel, und buchen alles über eine App. Die Luft wird sauberer, Bürgerinnen und Bürger erobern den öffentlichen Raum zurück.

Wir bleiben zuhause – und wir wollen reisen

Der Lockdown der vergangenen Wochen hat gezeigt, was alles möglich ist: Das Homeoffice wird auch weiterhin viele Fahrten verzichtbar machen, Geschäftsreisen werden ersetzt durch Videokonferenzen. All die Kosten und Belastungen, die damit für Mensch und Umwelt verbunden sind, können wir uns sparen. Wir werden mehr zu Hause bleiben. Hotels und Airlines stellen sich bereits auf diese Veränderungen ein.

Auch ich habe die Erfahrung gemacht, dass viele Fahrten verzichtbar sind: Brauche ich noch mein Auto, wenn es seit Wochen nutzlos herumsteht? Doch ich möchte auch wieder an die frische Luft, mich bewegen und Sport treiben, Freunde und Familie besuchen und ans Meer fahren. Auch beruflich möchte ich wieder Menschen begegnen und persönliche Gespräche führen. Das ist mir wichtig und teilweise sind diese Fahrten auch nicht zu ersetzen.

Es reicht also nicht zu sagen: Wir bewegen uns weniger, Verzicht allein genügt nicht. Stattdessen muss sich die Art der Mobilität verändern. Und da kommen wieder die Visionen ins Spiel.

Die Klimaziele müssen unser Leitanker bleiben

Wie wird die neue Normalität in der Mobilität aussehen? Zunächst greifen Urinstinkte: Wir möchten wieder zurück zum Vertrauten – und das möglichst schnell. So gibt es bereits die ersten Rufe nach Abwrackprämien, um unseren größten Wirtschaftszweig, die Automobilindustrie, wiederzubeleben. Öl und Benzin sind so günstig wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Aus Angst vor Infektionen meiden Menschen Busse und Bahnen des ÖPNV. Dass an bestimmten Messpunkten die Konzentration von Luftschadstoffen nicht im gleichen Maße zurückgegangen ist wie das Verkehrsaufkommen, nährt Zweifel an ihrer Aussagekraft. Da kann man doch auch die strengen Emissionsziele noch ein bisschen nach hinten verschieben, oder?

Ein Trugschluss. Der klare Himmel über China oder Italien zeigt drastisch, wie sehr Emissionen aus Industrie und Verkehr Mensch und Umwelt belastet haben. Sie werden es weiterhin tun, wenn wir nicht eingreifen. Nehmen wir den blauen Himmel über Peking, den unverschleierten Blick auf den Himalaya und das Taj Mahal deshalb als Ansporn. Und auch die Klimakrise wird uns schneller wieder beschäftigen, als uns lieb ist. Deshalb ist ein „weiter so“ keine Option.

Wie sind wir in Zukunft unterwegs?

Im Zuge des Lockdowns haben wir einen Einblick bekommen, was an gesellschaftlicher Veränderung möglich ist, viele überraschende Ideen sind entstanden. Nutzen wir die Chance, auch in der Mobilität neue und kreative Wege einzuschlagen. Im Jahr 2009, berichtete der Deutschlandfunk voller Euphorie von der Probefahrt in einem Prototypen, der im Silicon Valley entwickelt wurde: der zweiten Generation des Tesla Roadsters. Begeistert resümiert der Autor: „Die Zukunft des Autos ist elektrisch.“

Wie wahr. Der Tesla Roadster hat damals schon gezeigt, was möglich ist, und seither sind noch einmal enorme technische Fortschritte erzielt worden. Elektroautos sind nicht mehr die Zukunft – sie sind die Gegenwart. Alles was uns darüber hinaus zu einer besseren Mobilität verhilft, sollte jetzt realisiert werden. Künftige Konjunkturpakete sollten genau dort wirken: Die Hürden, die viele noch vom Kauf eines Elektroautos abhalten, sollten abgebaut werden, etwa indem Ladestrukturen am Wohnort geschaffen und insbesondere das Laden beim Arbeitgeber ermöglicht wird. Ebenfalls gilt es, eine effektive Vernetzung von Verkehrsmitteln zu schaffen, um Multimodalität zu integrieren und die letzte Meile besser anzubinden, um den Lieferverkehr zu optimieren, und um allgemein unnötige Fahrten zu vermeiden.

Wir werden nicht weniger mobil, aber besser!

Die Visionen der freien Straßen und grünen Plätze, auf denen Erwachsene entspannt flanieren und Kinder sorglos spielen, könnten schneller Realität werden, als wir heute zu hoffen wagen. Mobilität wird kreativer und intelligenter werden. Dann sind wir nicht unbedingt weniger unterwegs, auf jeden Fall aber freier und entspannter, Mensch und Umwelt können aufatmen. Die mobile Zukunft beginnt jetzt, wenn wir die richtigen Entscheidungen treffen.

Was ist möglich? Was wird gebraucht? Wie schaffen wir das gemeinsam? Diskutieren Sie hier mit.

Haben Sie noch weitere Fragen zum Thema Mobilität 2.1? Dann schreiben Sie mir unter: energie.schub@claudia-brasse.de oder rufen Sie mich an 02234 97912085.

zurück